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Atom-Moratorium: BDI-Präsidiumsmitglied bestätigt Brüderles Beichte
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle gerät wegen seiner Äußerungen über die Atompolitik der Regierung zunehmend unter Druck. Der FDP-Politiker hatte am Donnerstag im Bundestag erklärt, er sei mit seinen Bemerkungen in einer Sitzung von BDI-Präsidium und -Vorstand am 14. März falsch wiedergegeben worden.
BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf hatte ebenfalls mitgeteilt: „Die Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers sind falsch wiedergegeben worden.“
Teilnehmer der fraglichen Sitzung berichten jedoch, Brüderle habe sich genauso geäußert wie es berichtet worden war. „Die Sätze sind so gefallen, sie sind im Protokoll zwar verkürzt, aber richtig wiedergegeben“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ ein Präsidiumsmitglied des BDI.
Auch Schnappauf gerät wegen der Brüderle-Äußerungen zunehmend in Bedrängnis, wie das Blatt schreibt. Schnappauf habe das Protokoll am 21. März mit dem Vermerk „Vertraulich“ an die Teilnehmer versandt. Schnappaufs Bemerkung, Brüderle sei falsch wiedergegeben worden, es habe einen Fehler im Protokoll gegeben, sei nach der Meinung von Industriekreisen der Versuch, an der BDI-Spitze seinen Kopf zu retten. Schnappauf habe ein Protokoll verschickt, dass er entweder nicht gelesen habe oder dessen Brisanz er unterschätzt habe. Der BDI-Vorsitzende, Hans-Peter Keitel, hat sich unterdessen bei Brüderle telefonisch für die Veröffentlichung des Sitzungsprotokolls entschuldigt. Keitel sei „sehr verärgert“ über die Protokollpanne gewesen, berichtet die in Düsseldorf erscheinende „Rheinische Post“ unter Berufung auf Verbandskreise.
Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte aus einem BDI-Protokoll zur Präsidiumssitzung des Verbands vom 14. März 2011 zitiert. Dort war Brüderle zu Gast. Während der Sitzung sei die Meldung hereingereicht worden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Atomkatastrophe in Japan die von der Regierung erst 2010 verlängerten Laufzeiten für die deutschen Atommeiler per Moratorium aussetzen wolle.
Keitel habe von Brüderle daraufhin wissen wollen, was es damit auf sich habe. Laut Sitzungsprotokoll bestätigte Brüderle das Moratorium und „wies erläuternd darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien“. Kann man ein Gesetz per Moratorium aussetzen? Nein. Angela Merkel hat den Bürgern eine Macht vorgegaukelt, die sie nicht hat. „Unser Grundgesetz kennt kein Moratorium. Und es gilt für alle staatlichen Gewalten. Wenn ein Gesetz in Kraft ist, kann es weder von der Kanzlerin noch von der Bundesregierung ausgesetzt werden", sagte Ulrich Schellenberg, Präsident des Berliner Anwaltsvereins. Die Änderung des Gesetzes, in dem die Laufzeitverlängerung festgeschrieben ist, ist seit dem 1. Januar in Kraft. Dabei bleibt es, bis das Parlament das Gesetz ändert oder aufhebt. Bis dahin kann sich die Kanzlerin nur um eine „privatrechtliche Vereinbarung" (Schellenberg) mit den Betreibern bemühen – Merkel ist also auf die Konzerne angewiesen. Die Abschaltung der AKW steht rechtlich auch auf wackligen Beinen. Laut Umweltminister Norbert Röttgen erfolgte sie auf Grundlage von Paragraf 19, Absatz 3, Ziffer 3 Atomgesetz. Der setzt voraus, dass durch die Ereignisse in Japan auch in Deutschland ein Zustand herrscht, bei dem sich „Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter ergeben können". Die Atomaufsicht muss das nun nachweisen. RWE hat bereits erklärt, seine Werke arbeiteten "auf absolut höchstem Sicherheitsniveau". Man sehe deshalb keine Veranlassung, die Laufzeitverlängerung grundsätzlich in Frage zu stellen. Welche neuen Sicherheits-Untersuchungen sind geplant? Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat angekündigt, dass die Atomkraftwerke auf Gefährdungen "durch externe Ereignisse" hin untersucht werden sollen, wobei er Erdbeben und Flugzeugabstürze nannte. Demnach geht es vor allem um das von außen kommende "Restrisiko". Ob auch die Anforderungen an den laufenden Betrieb und an die Sicherheitsarchitektur erhöht werden sollen, ist unklar. Dies hängt davon ab, ob ein neues kerntechnisches Regelwerk angewandt wird, das die Vorschriften für den Bau und den Betrieb enthält. Das derzeit gültige Regelwerk stammt noch aus den 80er-Jahren. Ein neues liegt vor, trat aber nie in Kraft, weil es weder von der großen Koalition noch von der schwarz-gelben Regierung im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Das neue Regelwerk schreibt eine "Schadensvorsorge nach dem Stand von Wissenschaft und Technik" vor und würde in vielen AKWs Umbauten erfordern. Was passiert mit der Brennelementesteuer? Seit Anfang des Jahres müssen die Kraftwerksbetreiber in Deutschland eine Steuer auf atomare Brennelemente zahlen. Sie soll einen Teil der milliardenschweren Gewinne abschöpfen, die der Energiewirtschaft durch die längeren AKW-Laufzeiten winken. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat jährlich Einnahmen von 2,3 Milliarden Euro eingeplant. Noch gibt man sich im Finanzministerium unbeirrt: Die Abgabe sei eine Kompensation für Lasten, die bisher die Steuerzahler vorfinanziert hätten, etwa für die Lagerung der radioaktiven Abfälle. Daran habe sich nichts geändert. Tatsächlich ist die Steuer nicht direkt an die längeren Laufzeiten gebunden. Trotzdem muss sich Schäuble wegen den Stilllegungen der Kraftwerke auf weniger Einnahmen einstellen, da sich die Menge der verwendeten Brennelemente reduziert. Wird der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt? Schon jetzt liefern Sonne, Wind, Wasser und Biomasse rund 17 Prozent des Stroms in Deutschland. Christian Hey vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) rät, jetzt Ruhe in die Förderung der erneuerbaren Energien zu bringen. In einem zweiten Schritt sei es wichtig, den Ausbau der Stromnetze sorgfältig zu planen. Hey empfiehlt, eine enge Kooperation mit Norwegen anzustreben. Überschüssiger Strom aus Wind und Sonne könnte dort mit Hilfe von Pumpspeicherkraftwerken zwischengelagert und je nach dem aktuellen Bedarf nach Deutschland zurückgeleitet werden. Energiepflanzen sollten vorrangig zur Produktion von Biogas verwendet werden, das zur Stromgewinnung oder zum Antrieb von Elektroautos genutzt werden kann. Steigt der Strompreis? Durch die AKW-Stilllegungen dürfte sich der Preis pro Megawattstunde an der Strombörse um etwa 20 Prozent auf rund 63 Euro verteuern, schätzen Experten. Tatsächlich reagierten die Notierungen an der Leipziger Energiebörse unmittelbar nach Ankündigung des Moratoriums mit einem Preissprung um rund zehn Prozent. Auf den privaten Endverbraucher könnte das mit einer Strompreiserhöhung um rund sieben Prozent durchschlagen. Muss mehr Strom importiert werden? Nach einem „Monitoringbericht" des Wirtschaftsministeriums sind bis mindestens 2015 keine Knappheiten auf dem deutschen Strommarkt zu erwarten, selbst wenn die Regierung zum Atomausstieg zurückkehren würde. Grund: Es kommen in den nächsten Jahren noch relativ viele konventionelle Kraftwerke und erneuerbare Energiequellen ans Netz. Zwischen 2015 und 2020 müssten dann rein rechnerisch aber acht große Gaskraftwerke gebaut werden.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: sorvynosov (25.03.2011)
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