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Euro-Krise: Ist Griechenland überhaupt noch zu retten?
Sie wollten sich ihrer Sorgen endgültig entledigen. Ein für alle Mal. Vor einem Jahr beschlossen die europäischen Staats- und Regierungschefs den Euro-Rettungsschirm EFSF, dessen pure Existenz mit der gewaltigen Summe von 750 Milliarden Euro alle Zweifel an der Gemeinschaftswährung wegfegen sollte. Der Plan ging nicht auf.
Zwölf Monate später steht Europa wieder vor den gleichen Problemen: Portugal – in einer ähnlich schlechten wirtschaftlichen Lage wie Griechenland – muss sich Milliarden von den EU-Partnern leihen, um seine Ausgaben zu finanzieren. Und Griechenland hat zwar bisher 53 Milliarden Euro aus dem Hilfsprogramm bekommen, seine Schuldenprobleme aber nicht gelöst. Schon jetzt ist klar, dass Athen ohne weiteres Geld aus Brüssel im kommenden Jahr pleite wäre. „Zudem wird das Land mit seinen Gläubigern über längere Rückzahlungsfristen für die ausstehenden Schulden reden müssen“, heißt es in Berlin. Die aktuelle Schuldenquote der Länder des Euro-Raumes... Belgien Defizitquote in Prozent des BIP: 4,1 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 96,8 Deutschland Defizitquote in Prozent des BIP: 3,3 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 83,2 Estland Defizitquote in Prozent des BIP: 0,1 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 6,6 Finnland Defizitquote in Prozent des BIP: 2,5 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 48,4 Frankreich Defizitquote in Prozent des BIP: 7 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 81,7 Griechenland Defizitquote in Prozent des BIP: 10,5 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 142,8 Irland Defizitquote in Prozent des BIP: 32,4 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 96,2 Italien Defizitquote in Prozent des BIP: 4,6 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 119 Luxemburg Defizitquote in Prozent des BIP: 1,7 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 18,4 Malta Defizitquote in Prozent des BIP: 3,6 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 68 Österreich Defizitquote in Prozent des BIP: 4,6 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 72,3 Niederlande Defizitquote in Prozent des BIP: 5,4 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 62,7 Portugal Defizitquote in Prozent des BIP: 9,1 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 93 Slowakei Defizitquote in Prozent des BIP: 7,9 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 41 Slowenien Defizitquote in Prozent des BIP: 5,6 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 38 Spanien Defizitquote in Prozent des BIP: 9,2 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 60,1 Zypern Defizitquote in Prozent des BIP: 5,3 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 60,8 Euroraum insgesamt Defizitquote in Prozent des BIP: 6 Schuldenstand des Staates in Prozent des BIP: 85,1 EU insgesamt Defizitquote in Prozent des BIP: 6,4 80 Quelle: Eurostat, Stand 26. April 2011 In den nächsten Tagen werden Fachleute von Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU den sogenannten Fortschrittsbericht zu Griechenland erstellen. Der Report ist noch nicht fertig, aber Fachleuten ist schon klar, dass darin wenig von Erfolgen die Rede sein wird. „Griechenland kommt langsamer voran, als wir gedacht haben“, erfuhr die „Welt am Sonntag“ in Koalitionskreisen.
„Schlimmer aber noch, es macht weniger, als es versprochen hat.“ Vor allem bei den Privatisierungen von Staatseigentum tut sich nichts; mit dem Geld sollten Schulden abgetragen werden. Zudem entwickelt sich die Wirtschaft schlechter als erwartet. Unter heutigen Bedingungen scheint es ausgeschlossen, dass sich Griechenland wie geplant im nächsten Jahr Milliardenbeträge am Kapitalmarkt besorgen kann.
In der schwarz-gelben Koalition geht man daher fest davon aus, dass die Griechen Anfang 2012 als Teil eines neuen Maßnahmenpakets weitere Finanzhilfe von der EU brauchen werden. Außerdem versucht die Regierung von Giorgos Papandreou, längere Rückzahlungsfristen für ihre Schulden bei EU und IWF herauszuhandeln. Griechenlands Schulden, die schon im nächsten Jahr fast zur Hälfte von den Steuerzahlern gehalten werden, würden sich noch schneller von privaten Investoren zu den staatlichen Helfern verschieben. Die privaten Anleger wären fein raus. Aber lässt sich das den Steuerzahlern zumuten? Noch hält man bei der EZB, EU und der deutschen Regierung einen erzwungenen, radikalen Schuldenschnitt für zu riskant – auch wenn ihn Experten fordern. Der Grund: Griechenlands Anleihen verlören auf einen Schlag so rapide an Wert, dass die Banken des Landes von Insolvenz bedroht wären. Die EZB dürfte diese Bonds nicht mehr als Sicherheit für Liquidität entgegennehmen – es sei denn, sie würde von der Politik dazu gezwungen. Eine Kapitalflucht könnte die Folge sein.
Wieder müssten die Steuerzahler der anderen EU-Länder mit Milliardenbeträgen einspringen, dieses Mal, um Athens Banken zu stützen. Auch die Finanzinstitute in anderen europäischen Ländern wären gefährdet. Schlimmer noch: Die privaten Anleger könnten auf die Idee kommen, dass die Wackelkandidaten Irland und Portugal ähnliche Schritte planen. In Europas Hauptstädten geht die Angst um, dass die Refinanzierung der Euro-Zone insgesamt gefährdet wäre. Nach Alternativen wird längst gesucht. Alle sind höchst kompliziert, ihr Erfolg keineswegs gewiss. So wäre es möglich, die Laufzeiten der Griechen-Bonds zu verlängern, nicht aber die der EU-Hilfen. Das hätte gleich mehrere Vorteile: Die Griechen gewönnen Zeit – in der Hoffnung, dass die Strukturreformen doch noch greifen. Gleichzeitig würde der Wert der Anleihen in den Büchern von Banken und Versicherungen nicht allzu stark sinken – vorausgesetzt, das Ganze findet auf freiwilliger Basis statt. Die Geldhäuser wären also kaum gefährdet. Kreditausfallversicherungen, sogenannte CDS, die in der letzten Finanzkrise dem Abwärtstrend noch zusätzlich Schwung gaben und deren gehandeltes Volumen die Politik bis jetzt nicht einschätzen kann, wären damit nicht fällig. Sinnvoll wäre die Aktion aber nur, wenn allein die neuen, in der Laufzeit verlängerten Anleihen noch EZB-fähig wären.
Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP-Bank, fordert auch längere Rückzahlungsfristen, aber nicht für die normalen Anleihen, die von der Finanzindustrie gehalten werden, sondern für die Hilfskredite von IWF und EU. „Trotz aller Sparanstrengungen würde bei den Zinssätzen, die der Kapitalmarkt derzeit verlangen würde, die Staatsverschuldung in Griechenland, Irland und Portugal nur noch weiter steigen“, sagt er. „Eine Stabilisierung kann daher wohl nur gelingen, wenn die Kredite des Rettungsfonds verlängert würden, und das am besten zu deutlich besseren Zinskonditionen als bisher.“ Populär ist diese Idee in Griechenland, in Deutschland, wegen der damit verbundenen zusätzlichen Risiken für den Steuerzahler, dagegen nicht.
Doch dem Vernehmen nach gibt es ohnehin schon vereinzelt Überlegungen, mit der Restrukturierung der griechischen Schulden sogar so lange zu warten, bis diese ganz bei EU und IWF liegen. „Dann ließe sich ein Schuldenschnitt vollziehen, ohne die Finanzbranche zu gefährden“, heißt es, „allerdings reden wir dann auch nicht mehr von Umschuldung, sondern von Schuldenerlass.“ Experten fürchten aber, dass solche Aussichten die Griechen verleiten, sich bei der Gesundung seiner Staatsfinanzen weniger anzustrengen.
Zudem haben alle Formen der Laufzeitverlängerung einen entscheiden Nachteil: Kommt Griechenlands Wirtschaft nicht bald zum Laufen und fließen keine zusätzlichen Steuereinnahmen, dann steht Europa in wenigen Jahren vor dem gleichen Problem. Griechenlands Schuldenberg wird immer größer, der Druck, einen Schuldenschnitt vorzunehmen, auch. Ähnlich könnte es dann für Portugal aussehen. „Wenn wir über einen Schuldenschnitt reden, dann müssen wir gleich viel weiter denken“, heißt es deshalb in EU-Institutionen.
Dieses „Weiter“ ist die Ultima Ratio. Kommt man zu dem Schluss, dass Griechenland und Portugal ihr Schuldenproblem nicht lösen können, bleiben zwei Lösungen: Die starken Euro-Länder füttern die schwachen auf Dauer mit durch. Oder die Länder verlassen die Währungsunion.
Ende der Woche gab es bereits Spekulationen, Griechenland erwäge einen Austritt aus dem Euro. Einige Finanzminister haben auf einem Geheimtreffen in Luxemburg am Freitag darüber beraten. Transferunion oder Auseinanderbrechen der Euro-Zone? Noch gilt diese Frage als Tabu. Kommen die Krisenländer nicht voran, werden die ökonomischen Zwänge eine Antwort herbeiführen. Und möglicherweise auch der Wählerwille in den Geberländern.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: sorvynosov (07.05.2011)
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