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Fall Jürgen Fliege: "Warum aufregen? Jedes Vaterunser kostet Geld!"
Er hat in seiner saloppen Art Gott „den Gauner da oben genannt“ (1999 in der Sex-Postille „Penthouse“), er hat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorgeworfen, die „Sprache des Politbüros“ zu sprechen, und zuletzt hat der frühere Fernsehpfarrer Jürgen Fliege (64) mit einer angeblich von ihm spirituell aufgeladenen „Fliege-Essenz“ zum Preis von 39,95 Euro geworben – und für einen Raumtrockner (4000 Euro), produziert von einem Scientology-Mitglied. Jetzt hat es der rheinischen Landeskirche wohl gereicht. Sie hat gegen ihren Pfarrer im Ruhestand ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Es dient, wie Pressesprecher Jens Peter Iven Welt Online erläuterte, der Klärung von Vorwürfen, Fliege werde dazu gehört werden. Es liege der Verdacht nahe, der Ruhestandsgeistliche habe gegen seine Amtspflichten verstoßen. Details nannte Iven nicht. Begründung: Es würden in dem Verfahren schutzwürdige Interessen berührt.
Gott und Kirche sind erst mal "scheißegal“
Offenbar spielt in der Angelegenheit der Verlauf eines Seelsorgegesprächs mit einem Brautpaar eine Rolle, bei dem Welt-am-Sonntag-Autor Benjamin von Stuckrad-Barre dabei war. Fliege hat demnach gesagt, Gott und Kirche seien "erst mal scheißegal“, es komme auf die Seele an.
Mehrere Kirchenmitglieder sahen darin eine Diffamierung evangelischer Glaubensinhalte und Amtshandlungen. Die Kirchenleitung in Düsseldorf beruft sich bei ihrem Vorgehen auf Paragraf 32 des Pfarrdienstgesetzes, wonach Pfarrer in ihrer Lebensführung sowie in ihrem dienstlichen und außerdienstlichen Verhalten ihrem Auftrag verpflichtet sind und als Vertreter der Kirche angesehen werden.
Wegen des Vertriebs der „Fliege-Essenz“ hatte der Ruhestandsgeistliche eine scharfe Kritik des Vorsitzenden der Kammer der EKD für Theologie, Christoph Markschies, heraufbeschworen. Markschies bezog sich auf Flieges Aussage: „Ich habe über sie gebetet wie über Weihwasser.“
Sein Geschäft mit dem esoterischen Kräutergebräu stößt auf
Dies sei nicht evangelisch, sagte der Theologe: „Offenbar ist Fliege nicht klar, dass wir in der evangelischen Kirche Menschen den Segen Gottes zusprechen, aber nicht wie Wundermänner irgendwelche Kräfte und Emotionen in materielle Objekte senden.“ Auch Sektenexperten protestierten gegen die „Esoterikgeschäfte“.
Fliege hatte seiner „Fliege-Essenz“ besondere Kräfte zugesprochen. Er sagte in einer Fernsehtalkshow, die Essenz sei mit dem „Fliege-Segen“ versehen. Von seiner Homepage ist allerdings jeder Verweis auf die Essenz verschwunden.
Die Causa Fliege ist heikel. Der seit Jahrzehnten umstrittene ehemalige Fernsehpfarrer ist ein alter Weggefährte des rheinischen Präses und derzeitigen EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider. Jürgen Fliege verkauft unter seinem Namen ein Kräutergebräu für 39,90 Euro, das er gesegnet hat. Wenn man die „Fliege-Essenz" dreimal täglich in den Mund sprüht und vor jedem Sprühstoß die Wörter „Glaube", „Liebe" und „Zuversicht" deklamiert, dann tut einem das total gut, sagt Jürgen Fliege. Die Landeskirche kritisiert, dass man Segen nicht verkaufe. Fliege soll evangelische Glaubensinhalte diffamiert haben, als er in einem Gespräch mit einem Brautpaar über dessen Trauung gesagt haben soll: „Gott und Kirche sind erst mal scheißegal!" Es komme auf die Seele an. In einem Interview mit dem Männermagazin „Penthouse" hatte Jürgen Fliege Gott schon 1999 als „Gauner da oben" bezeichnet. Laut evangelischer Kirche hat Fliege gegen Paragraf 32 Absatz 2 des Pfarrdienstgesetzes verstoßen. Demnach sind „Pfarrerinnen und Pfarrer in ihrer Lebensführung, in ihren dienstlichen wie ihrem außerdienstlichen Verhalten ihrem Auftrag verpflichtet." Bei Verstoß gegen das Gesetz droht eine Abmahnung oder Ausschluss vom Dienst. Der ehemalige TV-Pfarrer Fliege ist seit April 2010 im Ruhestand. Er steht aber bis heute im Dienst der Kirche. Schneider hatte es bislang vermieden, gegen Fliege vorzugehen, obwohl er wie bereits sein Amtsvorgänger im Rheinland, Manfred Kock, immer wieder dazu aufgefordert worden war. Schon 1999 fragten Kommentatoren der kirchlichen Szene „Fliegt Fliege?“.
Intern grenzte sich Schneider allerdings von dem Studienfreund ab. Doch dann schrieb er im Sommer in einem Brief an Fliege, er wünsche bei aller schwierigen Vergangenheit einen „respektvollen Ton der EKD Dir gegenüber“. Der veröffentlichte das Schreiben prompt auf seiner Homepage.
„Jedes Vaterunser unserer Pfarrer kostet Geld“
Zu dem jetzt eingeleiteten Disziplinarverfahren sagte Jürgen Fliege: „Ich werde das Gespräch suchen.“ Und zu Vorhaltungen von rheinischen Pfarrerkollegen, dass man Segen nicht verkaufe, bemerkte der Gescholtene lapidar: „Jedes gesprochene oder geschriebene Vaterunser unserer Pfarrer kostet Geld.“
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: sorvynosov (08.10.2011)
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