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Vermisste in Libyen: Rebellen wähnen 50.000 Häftlinge in Gaddafi-Bunker
Am Wochenende sind weitere Grausamkeiten der Schlacht um Tripolis ans Licht gekommen. In einem Stadtteil sahen Fotoreporter ein Lagerhaus mit mehreren verkohlten Leichen. Anwohner berichteten, die Gaddafi-Truppen hätten in dem Gebäude Zivilisten gefangen gehalten. Als sie das Gelände nicht mehr hätten halten können, hätten sie das Gebäude angezündet. Das ist offenbar kein Einzelfall: Der Übergangsrat sucht nach mehr als 50.000 Häftlingen, die spurlos verschwunden sind. Diese Gefangenen würden möglicherweise in unterirdischen Bunkeranlagen festgehalten, sagte Sprecher Ben Ali. Nach der Einnahme von Tripolis hätten die Aufständischen auch in Krankenhäusern verkohlte Leichen hunderter Gefangener gefunden.
Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erhob schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte Gaddafis. Es gebe Beweise für willkürliche Hinrichtung von Häftlingen, als die Rebellen in die Hauptstadt Tripolis einrückten, teilte die Organisation mit. Gaddafi-Getreue hätten außerdem selbst medizinisches Personal getötet.
NATO nimmt Gadaffis Geburtsstadt Sirte zunehmend unter Beschuss
Der libysche Übergangsrat räumte knapp eine Woche nach dem Fall von Tripolis zudem erstmals eine humanitäre Krise in der Hauptstadt ein. Der Sprecher des Rates, Schamsiddin Ben Ali, forderte deshalb am Sonntag alle im Ausland arbeitenden libyschen Ärzte auf, sofort in ihre Heimat zurückzukehren. Die Lage in den Krankenhäusern der Hauptstadt sei dramatisch, sagte Ben Ali. Neben Ärzten sei wegen der vielen Verletzten auch mehr Nachschub an Medikamenten und medizinischem Gerät notwendig, sagte der Sprecher dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira.
Die Rebellen stehen nach eigenen Angaben zum Angriff auf Sirte, der Geburtsstadt des untergetauchten Diktators Muammar al-Gaddafi, bereit. Die Übergangsregierung verhandelt seit Tagen über eine friedliche Übergabe der strategisch wichtigen Küstenstadt. Sie liegt etwa in der Mitte zwischen Tripolis und der Rebellen-Hochburg Bengasi. Die Küstenstraße zwischen Tripolis und Sirte sei inzwischen unter Kontrolle, sagte ein Militärsprecher der Übergangsregierung.
Die Nato nimmt die Stadt wohl zunehmend unter Beschuss. Am Sonntag wurden in Sirte und der Umgebung vier Radarstationen, drei Militärfahrzeuge, eine Antenne und zwei Boden-Luft-Raketensysteme zerstört, wie die Nato mitteilte. Auch 20 Behälter für Boden-Luft-Raketen seien getroffen worden, hieß es. Von den insgesamt 38 Angriffen des Bündnisses richteten sich zudem vier gegen Ziele in der Stadt Waddan und sieben gegen Ziele in der Stadt Ras Lanuf. Nach dem Einmarsch der libyschen Rebellen in die Hauptstadt Tripolis ist die Herrschaft von Muammar al-Gaddafi vorbei. Die wichtigsten Daten des Aufstandes in dem nordafrikanischen Land und des internationalen Militäreinsatzes gegen Gaddafi im Überblick: FEBRUAR
15.: Beginn der Proteste gegen Gaddafi, die in Bengasi und El Baida gewaltsam niedergeschlagen werden, sich aber bald auf andere Städte ausdehnen.
22.: Gaddafis Justizminister Mustafa Abdel Dschalil und Innenminister Abdel Fatah Junes schließen sich den Aufständischen an.
23.: Der Osten Libyens von der ägyptischen Grenze bis nach Adschdabija ist in der Hand der Rebellen.
28.: Nach den USA verhängt auch die EU Sanktionen gegen die Regierung Gaddafis. MÄRZ
10.: Frankreich erkennt als erstes Land den Nationalen Übergangsrat der Rebellen als „einzige Vertretung Libyens" an.
17.: Angesichts der drohenden Einnahme der Rebellenhochburg Bengasi erlaubt der UN-Sicherheitsrat zum Schutz der Zivilbevölkerung den Einsatz von Gewalt. Deutschland enthält sich bei der Abstimmung.
18.: Eine Koalition unter Führung von Frankreich, Großbritannien und den USA beginnt mit Luftangriffen.
31.: Die Nato übernimmt das Kommando des Libyen-Einsatzes. APRIL
13.: Die Libyen-Kontaktgruppe, in der alle am Militäreinsatz beteiligten Staaten vertreten sind, fordert den Rücktritt Gaddafis.
20.: Nach Großbritannien entsenden auch Frankreich und Italien Militärberater zu den Rebellen. Die Front stablisiert sich zwischen Brega und Adschdabija. MAI
1.: Gaddafis jüngster Sohn Saif al-Arab und drei seiner Enkelkinder werden bei einem Nato-Luftangriff in Tripolis getötet.
11.: Nach einer zweimonatigen Belagerung nehmen die Rebellen den Flughafen der Hafenstadt Misrata ein und durchbrechen damit die Belagerung. JUNI
27.: Der Internationale Strafgerichtshof erlässt Haftbefehle gegen Gaddafi, seinen Sohn Saif al-Islam und Geheimdienstchef Abdallah al-Senussi.
29.: Frankreich erklärt, Waffen für die Rebellen in den Nefussa-Bergen im Westen des Landes abgeworfen zu haben. JULI
15.: Die Libyen-Kontaktgruppe erkennt den Übergangsrat der Rebellen als die „einzige legitime Regierung" des Landes an. AUGUST
9.: Die Gaddafi-Regierung wirft der Nato vor, bei einem Luftangriff auf Sliten 85 Zivilisten getötet zu haben. Die Nato weist dies zurück.
17.: Der Übergangsrat stellt einen Zeitplan für die Übergabe der Macht an eine demokratische Regierung nach dem Sturz Gaddafis vor.
19.: Nach der Einnahme von Gharjan im Süden der Hauptstadt geben die Rebellen die Eroberung von Sawijah im Westen und Sliten im Osten bekannt.
20.: Die Rebellen melden die vollständige Einnahme des östlichen Ölhafens Brega, müssen sich später aber wieder in Randbereiche des Ortes zurückziehen.
21.: Die Aufständischen rücken in Tripolis ein und bringen weite Teil der Hauptstadt unter ihre Kontrolle. Der Machthaber gibt sich in Audiobotschaften weiter kämpferisch.
22.: Die Kämpfe konzentrieren sich auf das Viertel um Gaddafis Residenz, in der sich der 69-Jährige aufhalten soll.
23.: Saif al-Islam, der nach Angaben der Rebellen festgenommen wurde, taucht morgens in Tripolis auf und fährt mit einem bewaffneten Konvoi durch Tripolis. Am Abend melden die Rebellen, sie hätten Gaddafis Residenz erobert.
24.: Gaddafi meldet sich mit Audiobotschaften zu Wort und behauptet, er sei noch in Tripolis.
25.: Die Kämpfe dauern an. Die Rebellen setzen ein Kopfgeld auf Gaddafi aus.
26.: Die Rebellen rücken auf Gaddafis Heimatstadt Sirte vor. Amnesty International berichtet von Folter auf beiden Seiten, Gaddafi-Anhänger sollen merh als 100 Gefangene getötet haben.
27. Die Rebellen melden, dass sie Tripolis komplett eingenommen haben. Gaddafis Sprecher ruft die Nachrichtenagentur AP an und sagt, der gestürzte Diktator sei noch in Libyen und wolle verhandeln. Quelle: AFP
Den Kämpfern der Rebellen bereiteten mögliche Chemiewaffen und Raketen größerer Reichweite der Gaddafi-Truppen am meisten Kopfzerbrechen, zitierte der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira Fadl Harun, einen Befehlshaber. Im Fall eines Angriffs würden sie auf Unterstützung der Nato setzen: „Sobald die Nato den Weg freigemacht hat, werden wir auf Sirte vorrücken“, sagte Harun. Der Chef der Übergangsregierung, Mahmud Dschibril, räumte ein: „Das Regime ist noch nicht gestürzt. Der Fall von Tripolis ist ein Symbol“, sagte er der arabischen Tageszeitung „Shark al-Awsat“.
Nach Angaben eines Rebellenkommandeurs in Tripolis ist der Hauptgrenzübergang nach Tunesien zwar eingenommen worden. An der Küstenstraße, die nach Ras Ajdir führt, gebe es aber noch „einzelne Widerstandsnester. „Das Problem ist: Wir haben nicht genug Leute, um alle Regionen gleichzeitig zu durchkämmen.“ Auch in Tripolis gab es noch vereinzelte Gefechte zwischen Rebellen und Gaddafi-Getreuen. Dennoch öffneten am Sonntag wieder die Geschäfte, wie ein dpa-Korrespondent berichtete. Junge Leute begannen damit, die Straßen zu reinigen und die Trümmer der Kämpfe zu beseitigen. Doch herrschte weiter Wassermangel, Strom gab es nur vorübergehend.
Derzeit keine Informationen über den Verbleib Gadaffis
„Wir werden die Krise überwinden. Hauptsache, wir haben den Tyrannen Gaddafi gestürzt“, zeigte sich Krankenpfleger Abdullah Mahmud in Tripolis entschlossen. Der libysche Übergangsrat will die Engpässe schnell beheben. Er hat angekündigt, mit der Verteilung von 30.000 Tonnen Benzin sofort zu beginnen. Auch wird eine Lieferung von Diesel erwartet, um die Wasserversorgung wieder in Gang zu setzen. Die Arabische Liga rief den UN-Sicherheitsrat und alle betroffenen Länder dazu auf, Gelder des Gaddafi-Regimes jetzt freizugeben. Zuvor hatte erstmals seit sechs Monaten wieder ein Vertreter Libyens an einer Sitzung der Liga teilgenommen: der Chef der erst vor wenigen Tagen anerkannten Übergangsregierung Mahmud Dschibril.
Die Jagd nach Ex-Diktator Gaddafi macht derweil offenbar keine großen Fortschritte. Der Chef des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, räumte ein, dass es derzeit keine gesicherten Informationen über den Aufenthaltsort des 69-Jährigen gebe. Ein Militärsprecher schloss Verhandlungen mit dem Diktator aus.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: sorvynosov (29.08.2011)
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